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Ein Beitrag von Dr. Felix Oelkers LL.M (UCT), Partner BvM Berlin

 

Der Mindestlohn wurde von der Mindestlohnkommission mit Wirkung zum 1. Januar 2017 von bislang € 8,50 brutto angehoben worden auf € 8,84 brutto. Bei vielen Arbeitsverträgen könnte es daher sinnvoll sein, eine entsprechende Gehaltserhöhung zu dokumentieren. Dieser MiLo gilt nun ausnahmslos für alle Branchen, auch die, die bislang noch einen Tariflohn unter dem MiLo haben durften.Der MiLo muss gezahlt werden an alle Arbeitnehmer, d.h. auch Minijobber, Aushilfs- und kurzzeitige Arbeitskräfte, Werkstudenten und Praktikanten. Letztere sind „normale“ Arbeitnehmer und nur dann vom MiLo ausgenommen, wenn sie das Praktikum auf Grund einer (hochschul-)schulrechtlichen Bestimmung oder einer Ausbildungsordnung erbringen; das dreimonatige Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder Aufnahme eines Studiums dient; das dreimonatige Praktikum begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung geleistet wird; oder wenn es eine Einstiegsqualifizierung gem. § 54a SGB III ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG). Diese Vorgaben müssen unbedingt beachtet werden, weil der Praktikant sonst Arbeitnehmer ist, Lohnforderungen hat und für ihn Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden müssen. Letztere verjähren erst nach vier Jahren, so dass sie ggf. nach einer Betriebsprüfung durch die Rentenversicherung für diesen Zeitraum nachträglich abgeführt werden müssen. Bei (bedingtem) Vorsatz ist die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen strafbar (§ 266a StBG). Arbeitgebern ist also anzuraten, Praktikanten den MiLo zu zahlen, wenn es sich nicht nachweisbar um einen vom MiLoG anerkannten Praktikanten handelt. Keinen Anspruch auf MiLo haben Azubis und ungelernte Arbeitnehmer unter 18 Jahren § 22 Abs. 2, 3 MiLoG).

Der MiLo ist eingehalten, wenn das gesamte Bruttomonatsentgelt mindestens so hoch ist wie die geleistete Arbeitszeit multipliziert mit € 8,84. Zum MiLo gehören grundsätzlich alle monatlichen Zahlungen, die eine Gegenleistung für die Arbeit darstellen. Gerichtlich bestätigt wurde dies für Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das in zwölf Teilbeträgen gezahlt wird (BAG 25.05.2016 – 5 AZR 135/16 und 28.09.2016 – 5 AZR 220/16). Zahlungen, die wegen einer gesetzlichen Verpflichtung oder nicht wegen der Arbeitsleistung erbracht werden, wie z.B. Essensgutscheine (EuGH vom 12.02.2015 – C-396/13), Fahrtkostenerstattung oder Spesen (LAG BaWü vom 27.08.2012 – 9 Sa 187/11), sind kein Lohn und daher nicht dem MiLo anzurechnen. In Zweifelsfällen sollten Arbeitgeber prüfen lassen, welche Gehaltsbestandteile zum MiLo zählen und welche nicht. Denn sonst drohen Nachforderungen der Arbeitnehmer und/oder der Sozialversicherungsträger sowie – im schlimmsten Fall – ein Strafverfahren.

Der MiLo von € 8,84 brutto ist Grundlage für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, die Vergütung während des Urlaubs oder an gesetzlichen Feiertagen und für Zuschläge, z.B. Nachtzuschläge (§ 6 Abs. 5 ArbZG). Der MiLo gilt auch für Bereitschaftsdienste (BAG 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12), d.h. wenn der Arbeitnehmer sich an einem vom Arbeitgeber vorgegebenen Ort zur Arbeit bereithalten muss. Für Rufbereitschaften, die der Arbeitnehmer an einem von ihm frei zu wählenden Ort verbringen kann, gilt das nicht, es sei denn, die Arbeit wird tatsächlich abgerufen.

Der MiLo wird an dem Tag fällig, der im Arbeitsvertrag als Zahltag definiert ist. Der Zahltag muss spätestens der letzte Bankarbeitstag des Folgemonats sein. Für Arbeitszeitkonten bestehen gesonderte Regeln (§ 2 Abs. 1, 2 MiLoG).

MiLo ist nicht abdingbar (§ 3 Satz 1 MiLoG), d.h. der Verzicht eines Arbeitnehmers auf seinen MiLo ist unwirksam. Arbeitgeber müssen die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter nur dann dokumentieren und mindestens zwei Jahre aufbewahren, wenn sie Minijobber beschäftigen (nicht aber Minijobber in Privathaushalten gem. § 8a SGB IV) oder einer Branche angehören, die in § 2a SchwarzArbG aufgeführt ist.

Im Ergebnis sind noch einige Rechtsfragen des MiLo ungeklärt. Eins aber ist sicher: Der neue MiLo beträgt € 8,84 brutto.

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