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Ein Beitrag von Dr. Felix Oelkers LL.M. (UCT), Partner BvM Berlin

 

Wer einen Vertrag kündigt oder von ihm zurücktritt, wer (s)eine Leistung mindert, Mängel anzeigt, mahnt, Fristen setzt oder Ansprüche geltend macht, kann dies grundsätzlich in jeder Form wirksam tun: Per unterzeichnetem Brief (§ 126 BGB), per Fax oder Email (§ 127 Abs. 2 BGB) oder mündlich.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) finden sich üblicherweise Vorgaben, in welcher Form und Frist solche Anzeigen oder Erklärungen erfolgen und wie sie dem Verwender zugehen müssen.

Bislang untersagt § 309 Nr. 13 BGB, dass solche „Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden“ dürfen.

Ab dem 1. Oktober 2016 wird § 309 Nr. 13 BGB verbieten, dass in AGB für Anzeigen und Erklärungen eine strengere Form als die Textform vereinbart wird. Diese Änderung betrifft zunächst nur Verträge mit Verbrauchern.



Was bedeutet das im Arbeitsrecht?

Verfallsklauseln sind nur noch als Textformklausel wirksam

Arbeitsverträge sind AGB. Sie enthalten oft Klauseln, nach denen Ansprüche deutlich schneller verfallen als nach der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB).

Eine typische Verfallsklausel sieht vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie binnen drei Monate schriftlich geltend gemacht werden.

Ab dem 1. Oktober 2016 ist eine solche Verfallsklausel entweder insgesamt unwirksam, weil in AGB nur noch die Text-, aber nicht mehr die Schriftform vereinbart werden darf. Damit entfällt der Hauptsinn der Klausel, Streit schnell zu klären und das Arbeitsverhältnis nicht durch „alte“ Forderungen zu belasten. Oder die Klausel ist teilweise unwirksam und das Wort „schriftlich“ wird gestrichen. Ansprüche können dann auch mündlich wirksam geltend gemacht werden. Damit entfällt der andere Sinn der Klausel, der darin besteht, Streit zu vermeiden, ob und wann ein Anspruch geltend gemacht wurde.

Zudem hat das BAG am 24. August 2016 entschieden, dass eine Verfallsklausel gesetzlich unabdingbare Ansprüche wie den auf Mindestlohn (§ 3 MiLoG) oder die Zahlung des Mindestentgelts (§ 9 AEntG) nicht umfasst (5 AZR 703/15 – Pressemitteilung 44/16 des BAG). Solche Ansprüche müssen ausdrücklich vom Verfall ausgenommen werden.

Um wirksam zu sein, muss eine Verfallsklausel ab dem 1. Oktober 2016 wie folgt lauten:

„Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht drei Monate nach Fälligkeit, spätestens aber seit dem Ende des Arbeitsvertrags, gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform (z.B. per Email oder Fax) geltend gemacht werden. [Optional: Lehnt der Arbeitgeber die Erfüllung in Textform ab oder reagiert er nicht, muss zur Wahrung des Anspruchs binnen weiteren drei Monaten Klage erhoben werden.] Dies betrifft nicht Ansprüche, die laut Gesetz unverzichtbar sind (z.B. § 3 Mindestlohngesetz, § 9 Arbeitnehmer-Entsendegesetz).“

Altverträge sind nicht betroffen –

Gilt das auch bei der Änderung von Arbeitsverträgen?

Für Arbeitsverträge, die vor dem 1. Oktober 2016 abgeschlossen wurden, ändert sich nichts (Art. 229 § 37 EGBGB). Auf sie ist der § 309 Nr. 13 BGB in der jetzigen Fassung weiter anwendbar. Sie bleiben wirksam, auch wenn sie die Schriftform vorschreiben.

Aber gilt das auch, wenn Altverträge nach dem 1. Oktober 2016 geändert werden? Oder wird dann aus dem Altvertrag ein Neuvertrag? Um diese Frage erst gar nicht aufkommen zu lassen empfiehlt es sich, bei einer Änderung eines Arbeitsvertrags alle bestehenden Schriftformklauseln durch Textformklauseln zu ersetzen.

Doppelte Schriftformklauseln sind (wohl) weiterhin mit Schriftform wirksam

Arbeitsverträge enthalten oft Klauseln, die die Form des Arbeitsvertrags und seiner Änderungen regeln. AGB-konforme doppelte Schriftformklauseln lauten wie folgt: „Änderungen des Arbeitsvertrags durch individuelle Abreden sind formlos wirksam. Alle anderen Änderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Änderung dieser Schriftformabrede.“

Eine solche Klausel bleibt (wohl) unverändert wirksam. Zumindest die Kommentierung ist sich einig, dass § 309 Nr. 13 BGB für Anzeigen und (Willens-)Erklärungen und damit für Verfallsklauseln gilt, nicht aber für Vertragsabreden, so dass doppelte Schriftformklauseln von der Gesetzesänderung nicht betroffen sind. Arbeitsgerichtliche Entscheidungen hierzu liegen jedoch nicht vor, so dass eine gewisse Rechtsunsicherheit bleibt.

Auch hier ist der Arbeitgeber auf der sicheren Seite, wenn er ab dem 1. Oktober 2016 eine (doppelte) Textformklausel vereinbart, nach der Änderungen des Arbeitsvertrags in Textform möglich sind. Ansonsten läuft er Gefahr, dass die (doppelte) Schriftformklausel insgesamt AGB-widrig und unwirksam ist.

Gesetzliche Schriftform bleibt unverändert bestehen

Manche Arbeitsverträge enthalten die Regelung, dass Kündigungen schriftlich erfolgen müssen. Zweckbefristete Arbeitsverträge enden nur, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer schriftlich über das Datum des Endes des Arbeitsverhältnisses unterrichtet (§ 15 Abs. 2 TzBfG).

Die Änderung des AGB-Rechts hat weder für Kündigungen von Arbeitsverträgen (§ 623 BGB) noch die Unterrichtungserklärung eine Auswirkung. Denn in beiden Fällen schreibt das Gesetz die Schriftform vor. Die AGB-Kontrolle betrifft ausschließlich Vertragsgestaltung. Nimmt ein Vertrag auf eine gesetzliche Regelung mit Schriftform Bezug, gilt also weiterhin die Schriftform des § 126 BGB. Die Kündigung des Arbeitsvertrags oder die Unterrichtung über das Ende des Arbeitsvertrags muss also per Brief mit Originalunterschrift des/der zur Kündigung befugten Personen erfolgen. Die Textform – ein Fax, eine Email oder eine Fotokopie – genügt nicht und kann auch nicht wirksam vereinbart werden.

 

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