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Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Matthias Grundmann, BvM München

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Werbefinanzierte Inhalte

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Nachrichten-Websites mit eigenen redaktionellen Inhalten finanzieren sich entweder durch Bezahlmodelle oder durch Werbung. Nach wie vor ist es schwierig, Nutzer von Bezahlmodellen zu überzeugen. Die Finanzierung redaktioneller Inhalte durch Werbung ist insoweit die das Internet dominierende Alternative.

Das Medienhaus Axel Springer macht nach eigenen Angaben nahezu die Hälfte des Gesamtkonzernumsatzes mit digitalen Medien. Es stellt u.a. auf www.bild.de und www.welt.de seine redaktionellen Inhalte zur Verfügung. Dieses Angebot finanziert es durch Werbung, also mit dem Entgelt, das es von Werbetreibenden für die Veröffentlichung von Werbung auf diesen Internetseiten erhält. Die Höhe der durch Onlinewerbung erzielten Erlöse richtet sich nach der Reichweite des Mediums. Diese wird entweder nach Tausend-Kontakt-Preisen (TKP) bemessen oder nach der Anzahl der Werbekunden, die bestimmte Aktionen in Reaktion auf die Werbung durchführen, z.B. Registrierung oder Kauf. Ein Kontakt („Ad Impression“) wird dabei erst dann erzielt, wenn die Werbung im Browser des Nutzers geladen und auf der Bildschirmoberfläche wahrnehmbar gemacht wird.

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Werbeblocker

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Das Softwareunternehmen Eyeo vertreibt das Computerprogramm „Adblock Plus“. „Adblock Plus“ unterdrückt die Werbung auf den Internetseiten der Nachrichten-Websites. Wenn Werbung von den Adblock-Plus-Filterregeln erfasst wird, wird sie automatisch blockiert. Eyeo bietet den Betreibern von Nachrichten-Websites wie dem Medienhaus Axel Springer jedoch die Möglichkeit, ihre Seiten von dieser Blockade auszunehmen. Als Gegenleistung werden 30 % der durch dieses sog. Whitelisting erzielten Werbeumsätze verlangt.

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BGH hält Geschäftsmodell der Werbeblocker für mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar

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Der BGH ist der Ansicht, dass die Werbeblockade keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG darstelle. Eine Verdrängungsabsicht läge nicht vor. Eyeo würde in erster Linie den eigenen Wettbewerb fördern. Das Unternehmen erziele Einnahmen, indem es gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung eröffne, was wiederum funktionsfähige Nachrichten-Websites voraussetze.

Auch läge, so der BGH, der Einsatz des Programms in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer, sodass Eyeo mit dem Angebot von „Adblock Plus“ nicht unmittelbar auf die von Axel Springer angebotenen Dienstleistungen einwirke. Die mittelbare Beeinträchtigung sei nicht unlauter.

Überdies stellt der BGH klar, dass „Adblock Plus“ keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen unterlaufe und auch die Abwägung der Interessen beider Seiten nicht zu einem Schutzvorrang der Nachrichten-Websites führe. Insbesondere stünde es Axel Springer offen, Nutzern, die Werbeblocker verwenden, den Zugang zu Nachrichten-Websites zu verwehren.

Zuletzt stelle das Angebot des Werbeblockers auch keine aggressive geschäftliche Handlung im Sinne des § 4a UWG gegenüber den potentiellen Werbekunden von Axel Springer dar. Es fehle an einer unzulässigen Beeinflussung, da die Fähigkeit der potentiellen Werbekunden zu einer informierten Entscheidung jedenfalls nicht wesentlich eingeschränkt werde. Das hatte das OLG Köln noch anders gesehen (Urteil v. 24.06.2016 - 6 U 149/15).

Ob man das Geschäftsmodell als „parasitäres Verhalten“ oder „Schmarotzertum“ betrachtet, sei dahingestellt. Nach lauterkeitsrechtlichen Maßstäben setzt ein Verbot klare Gründe voraus, da eben nicht die Zulässigkeit von geschäftlichen Handlungen, sondern deren Verbot begründungsbedürftig ist. Zwingende Verbotsgründe sieht der BGH nicht.

Das Urteil des BGH liegt auf einer Linie mit der Entscheidung des OLG München. Anders als der BGH beschäftigt sich das OLG München neben Wettbewerbs- auch mit Kartell- und Urheberrecht (Urteil vom 17.08.2017 – U 2225/15).

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Noch eine Instanz?

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Axel Springer sieht durch die Entscheidung die freiheitliche Medienordnung gefährdet und möchte Verfassungsbeschwerde einlegen.

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