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Das OLG Schleswig-Holstein hat entschieden, dass die Kenntnis der einschlägigen Medienberichterstattung über den Ankauf einer Steuer-CD die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige jedenfalls dann ausschließen soll, wenn auf der CD Daten einer vom Steuerpflichtigen eingeschalteten Bank vorhanden sind und hierüber in den Medien berichtet worden ist. Bei dieser Sachlage müsse der Steuerpflichtige mit der Entdeckung seiner Straftat i.S.d. § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO rechnen.


Im zu entscheidenden Fall unterhielt der Angeklagte mehrere Konten in der Schweiz, u.a. bei dem Bankhaus Julius Bär. Die in der Schweiz erzielten Kapitalerträge gab er in seiner Steuererklärung für die Jahre 2001 bis 2011 nicht an. Im Jahr 2011 entschied sich der Angeklagte seine Vermögenswerte nach Deutschland zu transferieren und dem deutschen Fiskus gegenüber offen zu legen. Dies offenbarte er Anfang 2012 seinem Steuerberater, welcher das Entdeckungsrisiko angesichts des Ankaufs einer ersten CD mit Datensätzen von deutschen Kunden durch die deutschen Finanzbehörden zum Jahreswechsel 2011/2012 als hoch einschätzte. Anfang September 2012 folgte schließlich die Selbstanzeige. Bereits am 23.08.2012 wurde ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen den Angeklagten eingeleitet. Nach den Feststellungen des LG war dem Angeklagten zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbstanzeige bekannt, dass die deutschen Behörden eine CD mit Kundendaten der Bank Julius Bär erworben hatten.
Das OLG entschied, dass der Angeklagte unter verständiger Würdigung der Sachlage damit habe rechnen müssen, dass die Hinterziehungstaten bereits entdeckt waren. Den Begriff des „Rechnen müssens“ legt das OLG weit aus. Es reiche aus, wenn ein Täter aufgrund der ihm bekannten Umstände eine Tatentdeckung für durchaus möglich oder wahrscheinlich halte, auch wenn eine gewisse Unsicherheit verbleibe. Ein „sich aufdrängen müssen“ soll entgegen einer Ansicht in der Literatur nicht erforderlich sein. Auch eine einschränkende Auslegung des Merkmals „Rechnen müssen“ bei medialer Berichterstattung sei weder mit dem Wortlaut, noch mit Sinn und Zweck des § 371 AO vereinbar. Das OLG bestätigte damit eine Entscheidung des LG Kiel.

Brehm & v. Moers
Rechtsanwältin Dr. Rahel Reichold
Strafrecht Wirtschaftsstrafrecht Steuerstrafrecht
München

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