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Ein Beitrag von Rechtsanwalt Matthias Walker, BvM Berlin

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Facebooks „App-Zentrum“

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Facebook bietet neben den üblichen Kommunikationstools, wie etwa der Timeline und dem Messenger, auch eine Fülle anderer Nutzungsmöglichkeiten auf seiner Plattform. 2012 startete Facebook seinen – mittlerweile wieder aufgegebenen – eigenen „Appstore“, namentlich das „App Center“ oder auch „App-Zentrum“, über das Facebook-Nutzer Apps und Spiele von Drittherstellern aufrufen und nutzen konnten. Wollte ein Nutzer bestimmte Spiele spielen, kam es zu Datenweitergaben an den jeweiligen Drittanbieter des Spiels. Hinsichtlich dieser Datenweitergaben entzündete sich ein Streit zwischen dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) und Facebook. Nachdem Facebook bereits in der ersten Instanz unterlag, verlor es nunmehr auch die seinerseits eingelegte Berufung (KG Berlin, Urteil vom 22.09.2017, Az. 5 U 155/14).

 

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Was war passiert?

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Im „App-Zentrum“ Facebooks waren mitunter kostenlose Spieletitel, wie „The Ville“ für Facebook-Nutzer spielbar. Wollte der Nutzer auf „The Ville“ über das „App-Zentrum“ zugreifen, erschienen unter dem Button „Sofort spielen“ folgende Informationen zur Verarbeitung von Daten und Posts im Namen des Nutzers:

„Durch das Anklicken von „Spiel spielen“ oben,

erhält diese Anwendung:

- Deine allgemeinen Informationen (?)

- Deine E-Mail-Adresse

- Über dich

- Deine Statusmeldungen

Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr.“

Ähnliche Hinweise erschienen bei Spielen wie „Diamond Dash“ und „Wetpaint Entertainment“ ebenfalls unter dem Button „Sofort spielen“. Beim Spiel „Scrabble“ fand sich in der Information eine ähnliche Formulierung zu Posts im Namen des Nutzers:

„Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.“

Der VZBV klagte gegen die derartige Präsentation von Spielen im „App-Zentrum“ sowie gegen die Möglichkeit Posts aufgrund der genannten Klausel in Namen der Nutzer vorzunehmen. Hinsichtlich der Weitergabe von Daten berief sich der VZBV darauf, dass die geschäftliche Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit von jungen Verbrauchern ausgenutzt und Nutzer über die Wirksamkeit ihres Einverständnisses zur Datenverarbeitung in die Irre geführt würden. Zudem läge in der Klausel, die Anwendung dürfe „Statusmeldungen, Fotos und mehr“ im Namen des Nutzers posten, eine unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern.

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Deutsches Recht anwendbar

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Vorab macht das Gericht deutlich, dass auch auf ein international agierendes Unternehmen wie Facebook, mit Sitzen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten der EU, deutsches Wettbewerbs- und Datenschutzrecht Anwendung finden kann, da es eine Niederlassung in Deutschland betreibt (die Facebook Germany GmbH), welche für Werbeflächen und Werbekunden zuständig ist. Auch richte sich der Internetauftritt Facebooks aufgrund seiner Internetadresse („.de“) und seiner Sprachfassung an deutsche Verbraucher. Diese komplexe Frage nach der Anwendbarkeit deutschen Datenschutzrechts erübrigt sich ab dem 25.05.2018 aber ohnehin, da dann die Datenschutzgrundverordnung  gilt, die einen europaweiten gleichen Schutzstandard etabliert.

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Facebook ist verantwortlich – Intransparenz gegenüber Verbrauchern

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Das Kammergericht befasst sich in seiner Entscheidung insbesondere mit der Klausel, die Anwendungen das Recht einräumt, Posts im Namen des jeweiligen Nutzers vorzunehmen. Diese seien zu unbestimmt und nicht konkret gestaltet. Anbietern von Spielen werde hierdurch ermöglicht, Posts im Namen des Nutzers vorzunehmen, deren Anzahl oder Inhalt nicht ansatzweise abzusehen seien. Die Datenverarbeitung widerspreche den Vorgaben der Datenschutzrichtlinie, da keinerlei eindeutiger Zweck der Datenverarbeitung genannt werde. Das Kammergericht führt weiter aus, dass ein Spielebetreiber eine derartige Einwilligung auch dazu verwenden könne, „Werbung für Produkte anderer Unternehmer (etwa  Kraftfahrzeuge oder sogar sexuell anzügliche Produkte)“ im Namen des Nutzers zu betreiben.

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Mit überraschender Deutlichkeit kommentiert das Gericht dies mit den Worten: „Es liegt im Übrigen auf der Hand, dass dies den Mindeststandard der Datenschutzrichtlinie unterläuft und nach keinem Datenschutzrecht (...) zulässig sein kann.“

Merkbar deutlich konstatiert das Gericht Facebook auch ein diesbezüglich rechtswidriges Geschäftsgebaren, indem es ausführt, die Unlauterkeit des Handelns von Facebook läge „für jeden (...) derart auf der Hand, dass sogar von einem entsprechenden Bewusstsein der Beklagten (Facebook, Anm. d. Verf.) auszugehen“ sei.

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Das Kammergericht betont weiter, dass es Facebook sei – und nicht die Spieleanbieter – das sich an die Nutzer wende, um die erforderliche Zustimmung zur Datenübertragung und -verwendung für Posts in deren Namen zu erhalten. Es sei auch Facebook, das den Spieleanbietern die Daten der Nutzer übermittelt und ein wirtschaftliches Interesse am Erfolg der Spiele und Apps habe.Schließlich hielt das Gericht die Klausel zu Posts der Spielebetreiber im Namen der Nutzer für intransparent und damit nach AGB-Recht für unwirksam. Den Einwand Facebooks, es sei die falsche Partei hinsichtlich dieser Frage, da nicht Facebook, sondern die Spielebetreiber Verwender der AGB seien, ließ das Gericht nicht gelten. Facebook stelle über eine eigene Schnittstelle den Zugang zu den Spielen zur Verfügung. Dieser Zugang unterläge also auch den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Facebook und seinen Nutzern zur Verwendung des sozialen Netzwerks.

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