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Ein Beitrag von Kai Bodensiek, Partner BvM Berlin

 

Als ich auf der GamesCom 2016 zufällig gemeinsam mit dem PietSmiet Team, das neue Gwent Kartenspiel anspielte, konnte ich nicht ahnen, dass ich möglicherweise gegen die Betreiber des nächsten großen Game-Rundfunksenders spielen sollte.

Was ist passiert?

PietSmiet betreibt seit einiger Zeit einen Twitch Kanal auf dem 24h lang Let‘s Play Videos gestreamt werden. Tatsächlich hat die ZAK (Kommission für Zulassung und Aufsicht) sich im Rahmen ihrer Sitzung vom 21. März 2017 dazu entschieden, PietSmiet dazu aufzufordern, einen Antrag auf Zulassung als Rundfunkbetreiber zu stellen. Ein solches Zulassungsverfahren ist grundsätzlich möglich, aber auch mit einigem finanziellen und organisatorischen Aufwand verbunden.

Aber wie kommt diese Behörde darauf, dass es sich bei dem Stream um Rundfunk handeln könnte?

Das Grundgesetz sieht vor, dass die Zuständigkeit für den Betrieb von Rundfunk bei den Ländern liegt. Wo immer die Länder eigene Zuständigkeiten haben, aber eine bundesübergreifende Regelung notwendig ist, kommt es zu sogenannten Staatsverträgen zwischen den Ländern, um eine Einheitlichkeit der Regelung zu gewährleisten. Da dort die Interessen aller Bundesländer meist parteiübergreifend berücksichtigt werden müssen, leiden solche Staatsverträge häufig unter komplizierten Regelungen mit vielen Ausnahmen und häufig auch mangelnder Aktualität.

Bereits vor einiger Zeit hatten die Länder sich entschieden, dass man Rundfunk unabhängig von seiner Verbreitungsart beurteilen will. Entgegen seines Wortlauts, kann Rundfunk also auch über das Internet verbreitet werden, u.a. dann wenn die Nutzung nicht auf weniger als 500 Nutzer beschränkt ist, wenn es sich nicht um eine rein private, familiäre Sendung handelt, wenn die Sendung nicht zum Download bestimmt ist oder wenn die Sendungen nicht gegen einzelne Zahlung erst freigeschaltet werden muss. Rundfunk zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Ort und Zeit der „Sendung“ durch den Betreiber und nicht durch den Kunden bestimmt werden. Das bedeutet, dass man als Kunde nur die Wahl hat einzuschalten, aber nicht über das Programm bestimmen kann. Das ist vor allem bei Livestreams im Gegensatz zu YouTube Videos der Fall.

Ein wichtiges Kriterium dabei ist ein Sendeplan sowie eine redaktionell-journalistische Gestaltung. Dabei geht es darum, dass nach redaktionellen Gesichtspunkten die einzelnen Sendungen zu einem Rundfunkprogramm zusammengestellt werden. Das kann bei einer einfachen Schleife zufällig aus einem Pool ausgewählter Beiträge von YouTubern fraglich sein. Sind die einzelnen Sendungen aber gezielt ausgesucht worden und wurden dabei zumindest auch journalistische Kriterien angewendet, so kann auch eine Programmschleife, wie PietSmiets Twitch Stream als Rundfunk bewertet werden.

Ist jeder Stream jetzt Rundfunk?

Die Frage kann man sicherlich mit „Nein“ beantworten. Dies wird nur in besonderen Konstellationen der Fall sein. Werden jedoch mehrere Livestreams hintereinander geschaltet und dies regelmäßig wiederholt, so besteht durchaus die Gefahr, als Rundfunkanbieter eingestuft zu werden. Man wird das also in jedem Einzelfall prüfen und ggfs. bei der Gestaltung des Angebots berücksichtigen müssen. In den meisten Fällen wird man durch gezielte Anpassungen des Angebots eine Zulassungspflicht umgehen können.

Wie geht es weiter?

PietSmiet muss jetzt bis zum 30. April entscheiden, ob ein entsprechender Antrag gestellt wird, ansonsten droht das ZAK mit dem Verbot des aktuellen Angebots in seiner konkreten Form. Die ZAK will in diesem Fall natürlich ein Exempel statuieren und damit auch darauf aufmerksam machen, dass hier rechtliche Regelung bestehen, die möglicherweise nicht oder nicht mehr zeitgemäß sind. Als Rundfunk noch mit hohen technischen und finanziellen Investitionen verbunden war und nur wenige am Meinungsmarkt teilhaben konnten, waren die strengen Zulassungsregelungen für Rundfunk sicherlich nachvollziehbar. In Zeiten, in denen jeder mit einer Kamera und einem Internetanschluss theoretisch „Rundfunk“ im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags betreiben kann, scheinen diese Vorschriften vorsichtig gesagt veraltet.

Bei Brehm & v. Moers haben wir vielfältige und langjährige Erfahrungen bei der Betreuung von Sendelizenz- und Zulassungsverfahren und verstehen das Geschäft der heutigen Medienschaffenden im Internet. Gern helfen wir bei konkreten Fragen mit unserem Medienteam weiter.