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Wer spioniert, dem glaubt man nicht
Nicht selten geschieht es, dass die Yellow Press im Privatleben von Personen recherchiert und dabei die Grenzen des Erlaubten überschreitet. Wenngleich solche Recherchen rechtswidrig sind, kam die Presse oft ungeschoren davon, weil die Betroffenen den Gang zu den Gerichten scheuten. Denn vor Gericht waren sie zur Rechtfertigung ihrer Ansprüche oft gezwungen, zu den rechtswidrig erlangten Rechercheergebnissen auch noch Stellung zu nehmen, sie zu bestreiten oder zu korrigieren. Damit lieferten sie der Presse ungewollt – aber zum Prozessgewinn erforderlich – erst recht und noch mehr Berichterstattungsmaterial als sie es bereits besaß.
Das Landgericht Berlin II hat dieser Praxis in einer sehr aktuellen Entscheidung einen Riegel vorgeschoben:
Im entschiedenen Fall hatte die Yellow Press einen prominenten Schauspieler heimlich mit der Kamera dauerüberwacht. In ihrem anschließenden Bericht spekuliert sie dann über eine angebliche außereheliche Beziehung des Schauspielers. Der verklagte die Presse auf Unterlassung und behauptete eine Persönlichkeitsrechtsverletzung wegen unrichtiger Berichterstattung. Die Presse verteidigte ihre Berichterstattung als wahr und berief sich auf ihr heimlich gewonnenes Recherchematerial.
Das Gericht entschied ohne jede Beweisaufnahme, dass der Pressebericht unwahr sei. Es nahm die auf Observationsergebnissen beruhenden Einlassungen und Behauptungen der Presse für das Urteil erst gar nicht zur Kenntnis. Vielmehr unterstellte es schlankweg alle Behauptungen im Pressebericht als unwahr, weil sie ausschließlich auf einer heimlichen Dauerobservation des betroffenen Schauspielers beruhten. Es kam also gar nicht zu einer das Presseopfer zusätzlich belastenden Verhandlung oder Beweisaufnahme über die Wahrheit des angegriffenen Berichts, sondern zu einer Verurteilung der Presse mit dem Argument, dass die heimlich recherchierten Behauptungen der Presse einem vollständigen zivilprozessualen Sachvortragsverwertungsverbot unterliegen. Das Gericht hat also die Rechercheergebnisse schlicht und einfach nicht zur Kenntnis genommen und die Presse demgemäß wegen unrichtiger Presseberichterstattung zur Unterlassung verurteilt.
LG Berlin II v. 05.12.2024 – 27 O 226/22, GRUR-RS 2024, 37083